Der Rahmenbeschluss zu Abwesenheitsentscheidungen

Brüsseler EU-Justizkooperation als Fall für Straßburg?

Abstract

Judgments rendered in absentia are at the core of the ordre public discussion as has shown the “Melloni case.” The issue has high practical relevance as a possible barrier to judicial cooperation in criminal matters. The following article investigates the solutions that have been found in European extradition law. In particular, it examines whether the new Article 4a of the Framework Decision on the European Arrest Warrant (introduced by Framework Decision 2009/299/JHA “on trials in absentia”) indeed meets – as many critics doubt – the standards of the European Convention on Human Rights and the ECtHR’s case law on the accused’s right to be present at his/her trial. The problem has come to the fore since Germany is currently in the process of implementing the 2009 Framework Decision. The article concludes that the new provision regarding the European Union’s extradition scheme can be “brought in line” via the means of interpretation that are in conformance with primary Union law. It also becomes apparent, however, that any future practice using the EAW form will jeopardize the defendant’s rights since it is now no longer the executing authority but the issuing one that decides whether a derogation from the ground for refusal due to trials in absentia is justified.

I.  Skizzierung des Problems

Im Vergleich zu anderen Kooperationsvoraussetzungen, wie der beiderseitigen Strafbarkeit oder dem ne bis in idem-Grundsatz, hat der Rechtshilfeschutz vor Abwesenheitsurteilen bisher wenig Beachtung in der rechtswissenschaftlichen Literatur gefunden, und dies, obwohl er in der Gerichtspraxis eine große Rolle spielt.1 Letztere zeigt, dass dieses Feld eine Menge Sprengstoff birgt, denn hier kollidieren Grundwert- und Gerechtigkeitsvorstellungen der einzelnen Staaten im Hinblick auf die Notwendigkeit der persönlichen Teilnahme des Beschuldigten an seiner Strafverhandlung. Während eine Aburteilung in Abwesenheit des Angeklagten bestimmten Strafprozessordnungen, wie der deutschen oder österreichischen, grundsätzlich wesensfremd ist, lassen andere (wie z.B. die von Italien, Frankreich, Griechenland, Rumänien) in größerem Umfang zu, das Strafverfahren auch bei persönlichem Nichterscheinen des Angeklagten durchzuführen und durch ein rechtskraft- und vollstreckungsfähiges Endurteil zu beenden (in absentia-Verfahren).2 Wird um Auslieferung eines in Abwesenheit Verurteilten oder um Vollstreckung eines Abwesenheitsurteils auf dem Rechtshilfeweg ersucht, kommt es zum ordre public-Konflikt. Dieser zeigte sich sehr anschaulich im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Melloni, in der der spanische Verfassungsgerichtshof eine Auslieferung des Verfolgten nach Italien für nicht vereinbar mit dem in der spanischen Verfassung verankerten Recht auf ein faires Verfahren hielt, weil nach Ansicht des Gerichts in Italien kein effektives Rechtsmittel gegen die dort getroffene Abwesenheitsentscheidung (10 Jahre Freiheitsstrafe wegen betrügerischen Konkurses) zur Verfügung stand.3

1. Europäischer ordre public als Konfliktlösungsmaßstab

Im europäischen Auslieferungsrecht (auf das sich der Beitrag beschränken möchte) versucht man den Konflikt mit europäischen Maßstäben zu lösen. Den ersten Schritt machte Art. 3 des 2. ZP-EuAlÜbk von 1978, den bisher 40 Staaten angenommen haben. Danach kann die ersuchte Vertragspartei die Auslieferung ablehnen, wenn nach ihrer Auffassung in dem einem Abwesenheitsurteil vorangegangenen Verfahren nicht die Mindestrechte der Verteidigung gewahrt worden sind, die anerkanntermaßen jedem einer strafbaren Handlung Beschuldigten zustehen. Die Auslieferung wird jedoch bewilligt, wenn die ersuchende Vertragspartei eine als ausreichend erachtete Zusicherung gibt, der gesuchten Person das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren zu gewährleisten, in dem die Rechte der Verteidigung gewahrt werden. Die Regelung ist als Gesamtverweis auf Art. 6 EMRK und die entsprechende Rechtsprechung des EGMR zu Abwesenheitsverfahren zu verstehen.4 Damit standardisiert Art. 3 2. ZP-EuAlÜbk gleichzeitig den Auslieferungsschutz vor Abwesenheitsurteilen, indem nicht auf die wesentlichen Grundsätze der nationalen Rechtsordnung abzustellen ist, sondern auf die gemeinsamen europäischen Rechts(grund)sätze, wie sie sich in der EMRK widerspiegeln. Kurz: Statuiert wird ein europäischer ordre public.

Der Unionsgesetzgeber hat mit Einführung des neuen Auslieferungsregimes durch den Europäischen Haftbefehl im Jahre 2002 versucht, die allgemein gehaltene Klausel des Art. 3 2. ZP-EuAlÜbk zu konkretisieren. Leitlinie war die mittlerweile herausgebildete Rechtsprechung des EGMR. Nach Art. 5 Nr. 1 Rb EuHb sollte derjenige abwesende Angeklagte keinen Auslieferungsschutz genießen, der persönlich geladen worden war oder auf andere Weise von Termin und Ort der Verhandlung Kenntnis erlangt hatte. Ist dies nicht der Fall, kann die vollstreckende Justizbehörde die Übergabe an die Bedingung knüpfen, dass die ausstellende Justizbehörde eine als ausreichend erachtete Zusicherung abgibt, wonach die Person gegen die der Europäische Haftbefehl ergangen ist, die Möglichkeit haben wird, im Ausstellungsmitgliedstaat eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen und bei der Gerichtsverhandlung anwesend zu sein.

2. Neuregelung durch den Rb 2009/299/JI und Kritik

Den (vorläufig) letzten Schritt macht nun der Rb 2009/299/JI zu Abwesenheitsentscheidungen.5 Er zielt darauf ab, zwei Inkohärenzen zu beseitigen: erstens solche, die durch die unterschiedliche Umsetzung des Art. 5 Nr. 1 Rb EuHb in den EU-Mitgliedstaaten entstanden sind; zweitens solche aufgrund unterschiedlicher bzw. abweichender Vorgaben in weiteren Rahmenbeschlüssen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung rechtskräftiger Entscheidungen im Vollstreckungshilfebereich. Für den Auslieferungsverkehr innerhalb der EU wird Art. 5 Nr. 1 des RB EuHb nun durch Art. 4a ersetzt. Art. 4a Rb EuHb präzisiert weiter die Fallgruppen, in denen die Ablehnung einer Auslieferung, denen ein Abwesenheitsurteil zu Grunde liegt, nicht mehr möglich sein wird. Im Unterschied zu der bisherigen in Art. 3 2. ZP-EuAlÜbk begründeten und in Art. 5 Nr. 1 Rb EuHb fortgeführten „Zusicherungslösung“ etabliert Art. 4a Rb EuHb nunmehr ein „Regel-Ausnahme-Verhältnis“: Die vollstreckende Justizbehörde kann die Vollstreckung eines zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung ausgestellten Europäischen Haftbefehls verweigern, wenn die Person nicht persönlich zu der Verhandlung erschienen ist, die zu der Entscheidung geführt hat, es sei denn, einer von vier Ausnahmetatbeständen liegt vor. Ob ein solcher Ausnahmetatbestand vorliegt, bestimmt die Ausstellungsbehörde.

Prima facie orientiert sich Art. 4a Rb EuHb (weiterhin) an der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK. Danach gehört das Recht auf persönliche Teilnahme des Angeklagten an der Hauptverhandlung zu den grundlegenden Garantien des fairen Verfahrens. Der EGMR leitet es aus einer Gesamtschau des fair-trial-Grundsatzes in Art. 6 Abs. 1 und den Verteidigungsrechten aus Art. 6 Abs. 3 lit. c) EMRK her.6 Abwesenheitsverfahren und -urteile widersprechen diesem Grundsatz, sind jedoch nicht per se mit Art. 6 EMRK unvereinbar, da das Anwesenheitsrecht nicht absolut ist. Blieb der Angeklagte in Kenntnis der Hauptverhandlung dem Verfahren fern, liegt ein Verzicht vor und das Strafverfahren kann durchgeführt und abgeschlossen werden, sofern die Verteidigungsrechte gewahrt worden sind. Hatte er keine Kenntnis, kann der Mangel durch eine neue Gerichtsverhandlung beseitigt werden, in der dem Betroffenen rechtliches Gehör gewährt wird und eine effektive Verteidigung gegeben ist.7 Beide Fallgruppen sind in Art. 4a RB EuHB umgesetzt worden:8 (1) Die betroffene Person macht trotz ihrer Kenntnis von ihrem Anwesenheitsrecht keinen Gebrauch oder sie verzichtet auf ihr Recht auf persönliche Teilnahme zugunsten der Vertretung durch einen Rechtsbeistand (Art. 4a Abs. 1 lit. a) und b) – Fallgruppe 1). (2) Die in Unkenntnis von ihrem Strafverfahren sich befindende Person kann in den Genuss eines neuen Verfahrens durch Einlegung eines entsprechenden Rechtsbehelfs kommen, es sei denn, sie akzeptiert die Vollstreckung des ergangenen Abwesenheitsurteils (Art. 4a Abs. 1 lit. c) und d) – Fallgruppe 2).

Dieser Neuregelung des Auslieferungshindernisses bei Abwesenheitsurteilen im Rb EuHb ist – insbesondere von Anwaltsseite – mit heftiger Kritik begegnet worden.9 Stark bezweifelt wird, ob die neuen Ausnahmetatbestände bei genauerer Betrachtung noch konform mit Art. 6 EMRK bzw. den daraus abgeleiteten Grundsätzen des EGMR zu Abwesenheitsverfahren sind.10 Diese Kritik gewinnt an Aktualität, da in Deutschland die Umsetzung des Rb 2009/299/JI ansteht.11 Setzt der deutsche Gesetzgeber eine EU-Norm um, die mit den europäischen Grundrechten (Art. 6 EUV) unvereinbar ist? Muss er ggf. im Umsetzungsgesetz im Hinblick auf eine Grundrechtskonformität nachsteuern? Werden die den Rb EuHb aufnehmenden Normen in den Umsetzungsgesetzen der EU-Mitgliedstaaten künftig auf dem Prüfstand vor dem EGMR in Straßburg stehen? Im Folgenden werden die einzelnen Bestimmungen von Art. 4a Rb EuHb im Lichte von Art. 6 EMRK, wie er durch den EGMR ausgelegt wird, betrachtet (III. und IV.). Zuvor sollen jedoch allgemein methodische Grundsätze des EU-Rechts erläutert werden, die für die Ausführungen unter III. und IV. von Bedeutung sein werden (II.).

II. Normebenenkonforme Auslegung

Bevor eine potentielle EMRK-Widrigkeit zulasten der Beschuldigten- und Verteidigungsrechte durch den Rb AbwE festgestellt werden kann, ist zunächst zu überprüfen, ob eine Einordnung in das Gesamtgefüge des Systems ohne Wirksamkeitsverlust möglich ist. Angesprochen ist die normebenenkonforme Auslegung in Form der primärrechtskonformen Auslegung des abgeleiteten Europarechts. Sie ist auch für die in der dritten Säule ergangenen Rechtsakte, also auch für die Rahmenbeschlüsse, anerkannt.12 Stichpunktartig lassen sich die Grundsätze wie folgt zusammenfassen:13

  • Regelungen können unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, welche durch die klassischen Auslegungsmethoden auszufüllen und zu präzisieren sind. Für die normebenenkonforme Auslegung ist darauf zu achten, ob der europäische Gesetzgeber aus entstehungsgeschichtlichen oder teleologischen Gründen Begriffe des abgeleiteten Unionsrechts so verstanden wissen will, wie sie im Primärrecht ausgelegt werden.

  • Nicht alle Sachverhalte können durch Auslegung gelöst werden, Regelungen können Lücken aufweisen. In diesen Fällen sind die Mittel zur Ausfüllung dieser Lücken heranzuziehen, insbesondere der Analogieschluss und die teleologische Reduktion.

  • Der Analogieschluss als Mittel der primärrechtskonformen Auslegung ist möglich, wenn das Sekundärrecht eine mit dem Primärrecht unvereinbare Lücke enthält, aber eine Regelung vorsieht, die zwar nicht nach ihrem Wortlaut, jedoch nach ihrem Sinn und Zweck zur Schließung der Lücke angewandt werden kann.

  • Die teleologische Reduktion kommt in Betracht, wenn der Normtext des abgeleiteten Unionsrechtsaktes im Vergleich zur Teleologie des Primärrechts zu weit gefasst ist.

  • Die einschlägigen Bestimmungen des Rahmenbeschlusses sind so auszulegen, dass sie nicht mit den unionsrechtlich gewährleisteten Grundrechten in Konflikt geraten (grundrechtskonforme Auslegung).14 Maßstab für den RB 2009/299/JI ist über Art. 6 EUV primär die Europäische Grundrechtecharta (hier Art. 47, 48 GRC). Über Art. 52 Abs. 3 GRC findet die Inhaltsbestimmung ihre normebenenkonforme Rückkopplung zu Art. 6 EMRK in der Auslegung der Rechtsprechung des EGMR.

  • Nach den Grundsätzen der grundrechtskonformen Auslegung ist, wenn eine Bestimmung des abgeleiteten Unionsrechts mehr als einee Auslegung zulässt, derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, bei der die Bestimmung mit dem Primärrecht, d.h. mit den Unionsgrundrechten vereinbar ist.15

  • Bereits die Bestimmung des Inhalts der Norm hat sich an der grundrechtskonformen Auslegung zu orientieren. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Orientierungspunkt selbst – die Mindeststandards – selbst ausfüllungsbedürftig und ausfüllungsfähig sind.

  • Die Grenze der grundrechtskonformen Auslegung bildet die Unmöglichkeit einer Korrektur contra legem. Das bedeutet, dass Wortsinn und der Zweck der sekundärrechtlichen Bestimmung die Grenze bilden; jedes der Kriterien für sich bildet aber keine unüberwindliche Hürde.

III. Die Fallgruppe des Verzichts

1. Ausbleiben trotz persönlicher Ladung oder anderweitiger Kenntnis

Nach Art. 4a Abs. 1 lit. a) Rb EuHb ist ein Europäischer Haftbefehl, dem ein Abwesenheitsurteil zugrunde liegt, zu vollstrecken, wenn die gesuchte Person rechtzeitig über den Termin und Ort der Verhandlung unterrichtet worden ist, und zwar durch persönliche Ladung oder andere tatsächlich offizielle Benachrichtigung, die zweifelsfrei nachgewiesen wurde; zusätzliche Bedingung ist die rechtzeitige Unterrichtung über die Möglichkeit, „dass eine Entscheidung auch dann ergehen kann, wenn sie zu der Verhandlung nicht erscheint.“

a) Unbestimmtheiten

Zunächst wirft die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe Fragen auf.16 Was bedeutet „rechtzeitig“? Heißt „persönliche Ladung“, dass das Schriftstück dem Betroffenen persönlich zu übergeben ist, oder reicht auch eine postalische (Ersatz-)Zustellung aus? Wie viele Zustellversuche muss das Gericht unternehmen? Was bedeutet „tatsächlich offiziell in Kenntnis gesetzt“? Muss in dem Zusammenhang der Verhandlungstermin öffentlich bekannt gemacht worden sein oder reicht die zufällige Kenntnisnahme über eine Behörde? Reicht es aus, wenn ein Beschuldigter über einen Verhandlungstermin von seinem Verteidiger persönlich und mündlich unterrichtet wird? Ist sichere Kenntnis erforderlich oder ist auf die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme abzustellen? Muss der Betroffene neben dem Tatvorwurf auch über die rechtlichen Bewertungen des Sachverhalts unterrichtet werden? Muss die Benachrichtigung über die Folgen des Ausbleibens auch die Unterrichtung enthalten, dass dem Verfolgten sein Verteidigerrecht verbleibt (Art. 4a Abs. 1 lit. b), so dass der Angeklagte ohne Verteidiger nicht schlechter gestellt wird als derjenige mit Verteidiger?

Hinsichtlich des Merkmals der „Rechtzeitigkeit“ enthält der Rb AbwE bereits eine Konkretisierung. Nach Erwgr. 7 muss die Person die Information „früh genug erhalten, um an der Verhandlung teilnehmen und ihre Verteidigungsrechte effektiv ausüben zu können“. Dies verbindet den Rb AbwE mit Art. 6 Abs. 3 lit. b) EMRK, wonach die angeklagte Person das Recht hat, ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben. Die Zeitfaktoren sind einzelfallabhängig, pauschale Aussagen zu Mindestvorbereitungsfristen oder -maßnahmen können im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 lit. b) nicht getroffen werden.17 Zur näheren inhaltlichen Bestimmung der übrigen Rechtsbegriffe ist auf die Rechtsprechung des EGMR zu rekurieren.

Für den EGMR ist das Merkmal der Kenntnis von Termin und Ort der Hauptverhandlung sowie die Unterrichtung über die Folgen des Ausbleibens eine Bedingung für die Annahme des Verzichts. Die Zulässigkeit des Verzichts unterliegt strengen Voraussetzungen. Prämisse ist, dass er freiwillig und auf unmissverständliche Weise („in an unequivocal manner“) geschehen muss.18 Ein „echter“ Verzicht setzt voraus, dass eine Unterrichtung die Person tatsächlich und persönlich erreicht hat und auf einer amtlichen Benachrichtigung basiert; die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme wird als nicht ausreichend erachtet.19 Ferner setzt die Annahme eines Verzichts voraus, dass die Strafverfolgungsbehörden dem Angeklagten die prozessualen Möglichkeiten eröffnet haben, tatsächlich in der Verhandlung anwesend zu sein und diese aktiv zu beeinflussen. Daraus lassen sich entsprechende Fürsorgepflichten ableiten. Nationalen Stellen müssen Vorkehrungen zur Ermöglichung der Teilnahme treffen und ungerechtfertigtem Nichterscheinen entgegenwirken.20

Die o.g. Problemfelder lassen sich in diesen Rahmen einbetten. Danach reichen z.B. postalische Ersatzzustellungen nicht aus, wenn nicht sichergestellt worden ist, dass der Betroffene von ihnen persönlich Kenntnis genommen hat. Der Einzelfall entscheidet, inwieweit das Gericht seiner Fürsorgepflicht genüge getan hat. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte über Weg- und Umzüge vor (auch ins europäische Ausland), sind von den Justizbehörden gründliche Nachforschungen sowie entsprechende Zustellversuche zu unternehmen.21 Dagegen kann die Kenntniserlangung des Angeklagten von Termin und Ort der Verhandlung über einen Verteidiger genügen, wenn sicher feststeht, dass beide in Kontakt stehen und der Verteidiger seinen Mandanten tatsächlich informiert.22

Ferner betont der EGMR, dass die Einzelaspekte des Anwesenheitsrechts im Lichte des allgemeineren Rechts auf ein faires Verfahren (garantiert in Art. 6 Abs. 1 EMRK) zu würdigen sind.23 Dazu gehört auch, dass die für das rein nationale Verfahren entwickelten Grundsätze auch im Hinblick auf das „Informiert-Sein“ des Angeklagten für die Ausübung seines Verzichts Geltung haben. Der Verfolgte muss dementsprechend auch eine Anklage erhalten, in der eine detaillierte rechtliche Bewertung der Straftat enthalten ist. Darin wird ein essentielles Element des fair trial-Grundsatzes sowie des Rechts auf Unterrichtung über Art und Grund der erhobenen Beschuldigung nach Art. 6 Abs. 3 lit. a) EMRK gesehen.24 Gleiches dürfte für das Recht auf Unterrichtung über seine Verteidigungsrechte in der Hauptverhandlung gelten. Letzteres müsste in den Staaten, die Abwesenheitsverfahren kennen, umgesetzt werden.

b) Lücken

Neben diesen Auslegungsproblemen sind in Art. 4a Abs. 1 lit. a) Rb EuHb auch Lücken feststellbar. Erstens erweist es sich wiederum als problematisch, dass der Rb an das Merkmal der Kenntnis vom Verfahren und nicht an den Verzicht anknüpft, was in Anbetracht der Rechtsprechung des EGMR geeigneter gewesen wäre. Dadurch werden vom Wortlaut der Norm auch diejenigen Fälle erfasst, bei denen der Angeklagte zwar Kenntnis von Termin und Ort der Verhandlung „tatsächlich und offiziell“ erhalten hat, aber aus nicht in seinem Einflussbereich stehenden Gründen an der Verhandlung nicht teilnehmen kann, z.B. weil er in einer ausländischen Haftanstalt vom Termin erfährt, aber die zuständigen Stellen ihm eine Teilnahme verweigern.25 Solche Fälle lassen sich durch teleologische Reduktion lösen: Das Merkmal der „anderweitigen Kenntnis“ ist nach Sinn und Zweck der Norm einschränkend dahingehend auszulegen, dass ein Bezug auf einen unzweideutigen Verzicht sichergestellt sein muss. Der „unverschuldet Fernbleibende“ fällt nicht in die Fallgruppe 1, sondern ihm muss die Möglichkeit einer Neuverhandlung offenstehen (Fallgruppe 2).

Ferner ist es nach der Rechtsprechung des EGMR unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Verzichts, dass die Unterrichtung ggf. in einer dem Betroffenen verständlichen Sprache erfolgt ist.26 Entgegen den Vorschlägen des EP27 ist ein entsprechender Passus nicht eingefügt worden, das Problem lässt sich jedoch durch eine konforme Auslegung mit Art. 6 Abs. 3 lit. a) und e) EMRK lösen. Eine Kenntnis von Termin und Ort der Verhandlung kann nur wirksam sein, wenn erwiesen ist, dass der Angeklagte die Unterrichtungen auch verstanden hat; selbst Dolmetscherleistungen in Anspruch zu nehmen, um den Inhalt der amtlichen Unterrichtung zu verstehen, kann vom Betroffenen nicht verlangt werden.28 Denkbar wäre auch eine analoge Anwendung von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren in Verbindung mit einer Ermessenreduzierung auf Null. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass weder der Unionsgesetzgeber noch der nationale Umsetzungsgesetzgeber dazu verpflichtet ist, alle denkbaren Verstöße gegen die Mindestgarantien der EMRK aufzuführen. So wäre ein Ersuchen um Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls auch dann abzulehnen, wenn festgestellt wird, dass im Abwesenheitsverfahren die Rechte einer effektiven Verteidigung nicht gewahrt worden sind, z.B. weil einem Wahlverteidiger aufgrund der Abwesenheit des Beschuldigten bestimmte Verfahrensrechte nicht gewährt werden.29

2. Vertretung durch mandatierten Verteidiger

Als zweite Ausnahme sieht der Rb AbwE vor, dass die Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung ein Mandat an einen Rechtsbeistand, der entweder von ihr oder vom Staat bestellt wurde, erteilt hat, sie bei der Verhandlung zu verteidigen und der Rechtsbeistand bei der Verhandlung tatsächlich verteidigt hat (Art. 4a Abs. 1 lit. b) Rb EuHb). Hier betritt der Rb in der Tat Neuland, denn der EGMR hat diese Fallkonstellation bisher nicht entschieden. Nach Sinn und Zweck der Regelung soll sichergestellt werden, dass die betroffene Person mit Wissen und Wollen ihre Vertretung durch einen Rechtsbeistand akzeptiert, zwischen beiden ein Kontakt besteht sowie ein Informationsaustausch garantiert ist. Unter diesen Umständen ist eine Wertung als „echter Verzicht“ in Einklang mit Art. 6 EMRK möglich.30

IV. Die Fallgruppe der Neuverhandlung

1. Rechtsbehelfsverzicht

Eine Auslieferung zur Vollstreckung eines Abwesenheitsurteils ist auch dann als zulässig zu erachten, wenn die betroffene Person nach Zustellung des Urteils und ausdrücklicher Unterrichtung über das Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann, bewusst durch namentliche Erklärung oder Verstreichenlassen der geltenden Anfechtungsfrist keine Rechtsbehelfe geltend gemacht hat (Art. 4a Abs. 1 lit. c) Rb EuHb). Auch hier scheint der Unionsgesetzgeber vor dem Hintergrund der bisherigen Deutung von Art. 6 EMRK die Standards zu unterwandern, indem das bloße passive Verstreichenlassen der Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs zum Ausschluss des Auslieferungsschutzes führt.31 Jedoch ist hierbei zweierlei zu beachten. Erstens hat der Unionsgesetzgeber durch die Belehrungspflichten bestimmte Schutzmechanismen zugunsten des Angeklagten eingebaut. Zweitens schließt der EGMR nicht aus, dass auch ein konkludentes Verhalten zu einem Verzicht auf das Anwesenheitsrecht führen kann, wenn die Folgen des Handelns vorhersehbar waren.32 Damit ist eine Wertung fehlenden aktiven Handelns des informierten Betroffenen als Verzichtserklärung von vornherein nicht als unvereinbar mit den Mindeststandards der EMRK zu erachten. Im Gegenzug muss aber nach der bisherigen Rechtsprechung des EGMR beachtet werden, dass die Wahrnehmung des Rechtsbehelfs effektiv sein muss. Eine zu kurz bemessene Frist, wie z.B. eine solche von 10 Tagen nach Erlangung der Kenntnis von der Verfahrenshandlung, wäre mit Art. 6 EMRK unvereinbar.33

2. Neues gerichtliches Verfahren

Nach dem letzten Ausnahmegrund besteht kein Auslieferungshindernis, wenn die Person „die Abwesenheitsentscheidung nicht persönlich zugestellt erhalten hat, aber i) sie unverzüglich nach der Übergabe persönlich zugestellt erhalten wird und ausdrücklich von ihrem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren in Kenntnis gesetzt werden wird, an dem die Person teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft werden und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann; und ii) von der Frist in Kenntnis gesetzt werden wird, über die sie gemäß dem einschlägigen Europäischen Haftbefehl verfügt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. ein Berufungsverfahren zu beantragen (Art. 4a Abs. 1 lit d) Rb EuHb)“. Als besonders problematisch sind im Zusammenhang der Regelung zwei Bereiche hervorzuheben.

Der erste steht in Zusammenhang mit den schon zu 1) geäußerten Bedenken: Art. 4a Abs. 1 lit. d) Rb EuHb enthält keine Vorgaben zur Ausgestaltung von Rechtsbehelfsfristen und Art und Weise der Rechtsbehelfswahrnehmung. Nach der Rechtsprechung des EGMR gehört es jedoch zu den Essentialia der Wahrung der Garantie aus Art. 6 EMRK, dass die Rechtsmittel gegen das Abwesenheitsurteil aussichtsreich und effektiv angewandt werden. Dies bedeutet im Klartext, dass das Rechtsmittel ohne erhebliche Anstrengungen, wesentliche Antragserfordernisse, strenge Fristen oder vorherige staatliche Ermessensentscheidungen eröffnet sein muss.34 Mithin muss es letztendlich zu einer tatsächlichen Durchführung der Neuverhandlung im Urteilsstaat kommen. An den genannten Hürden scheiterte in der Vergangenheit oftmals die auslieferungsrechtliche Anerkennung von ausländischen Abwesenheitsurteilen. Eine entsprechende Auslegung von Art. 4a Abs. 1 lit. d) Rb EuHb nach den Vorgaben des EGMR würde am Wortlaut scheitern, der lediglich eine Belehrungspflicht hinsichtlich Rechtsbehelf und Rechtsbehelfsfrist vonseiten des Ausstellungsstaates enthält und per Vermutungstatbestand auf dessen prognostische Entscheidung setzt, „das neue Verfahren werde schon durchgeführt werden.“ Das würde den Anforderungen von Art. 6 EMRK nicht genügen.

Die contra legem-Grenze primärrechtskonformer Auslegung ist jedoch nicht überschritten, da die Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm eine andere Seite aufdeckt. In Art. 4a Abs. 1 lit. d) Rb EuHb geht die bis dato erforderliche Zusicherung einer EMRK-gemäßen und -konformen Neuverhandlung durch den ersuchenden Staat auf. Die Norm stellt deshalb notwendigerweise auf dessen Perspektive ab. An den entwickelten Grundfesten will die Norm jedoch nicht rütteln. Das ergibt sich daraus, dass sie bestimmte qualitative Anforderungen an die neue Verhandlung stellt (Teilnahme des Betroffenen, erneute Prüfung des Sachverhalts einschließlich neuer Beweismittel, Aufhebung der ursprünglich ergangenen Entscheidung), deren Aufnahme sinnlos bliebe, wenn die Verhandlung aufgrund zu hoher Hürden tatsächlich nicht durchgeführt werden würde. Bestätigt wird Letzteres durch Erwägungsgrund 11 des Rb AbwE, wonach „[e]ine solche Wiederaufnahme des Verfahrens oder Berufung die Wahrung der Verteidigungsrechte bezweckt und durch folgende Aspekte gekennzeichnet ist […]“. Damit kann nach Sinn und Zweck der Norm kein Ausnahmetatbestand im Sinne von Art. 4a Abs. 1 lit. d) Rb EuHb vorliegen, wenn strukturelle Defizite der Abwesenheitsverfahren in einzelnen EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine Vereinbarkeit mit der EMRK nicht behoben worden sind. Haben die vollstreckenden Justizbehörden Zweifel, müssen diese ggf. durch Nachfragebeschluss ausgeräumt werden.

Der zweite kritisch beurteilte Bereich bezieht sich darauf, dass der Rb AbwE keine (zusätzlichen) Anforderungen an die Qualität des neuen Verfahrens stellt, wie z.B. den Anspruch auf Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen, das Recht auf einen Verteidiger oder das Recht, den Sachverhalt vom iudex ad quem überprüft zu bekommen.35 Eine Primärrechtskonformität erfordert jedoch nicht zusätzliche verfahrenstechnische Sicherungen, zumal der EGMR z.B. hinsichtlich der Frage „iudex ad quem oder iudex a quo“ den Urteilsstaaten Handlungsspielräume belässt.36 Bestünden Anhaltspunkte, dass Grundregeln der EMRK, wie das Recht auf Verteidigung oder auf Dolmetschung im neuen Verfahren nicht eingehalten würden (was in der Praxis im Zeitpunkt der Auslieferungsentscheidung schwierig nachzuweisen ist), wären entsprechende Ersuchen als Verstoß gegen den europäischen ordre public zurückzuweisen.

V. Schlussbetrachtung

In Absentia-Verfahren sind ein heikler Bereich des Rechtshilferechts. Sie treffen den Kern der ordre public-Debatte. Allerdings kann der Umgang mit Abwesenheitsurteilen auch als Chance begriffen werden – als Chance, dass echte europäische Lösungen für den Ausgleich zwischen Sicherheitsstreben (Effektivität der Strafverfolgung) und Individualrechtsschutz durch Berufung auf gemeinsame Werte gefunden werden können. Gemeinsame Basis bildet der sog. europäische ordre public, zuvorderst in Form der EMRK (und deren Auslegung durch den EGMR), und nun auch in Form der EU-Grundrechtecharta. Im europäischen Rechtsraum – innerhalb oder außerhalb der EU, mit oder ohne Europäischem Haftbefehl – bildet dieser europäische ordre public den Maßstab. Dies hat auch der EuGH in der Rechtssache Melloni klargestellt, indem er der Berufung auf den nationalen (spanischen) ordre public eine Absage erteilt hat. Auch wenn die Auslieferung eines in Abwesenheit Verurteilten nach nationalen Maßstäben „Bauchschmerzen“ bereitet, ist sie im internationalen Rechtshilfeverkehr hinzunehmen, wenn nicht die Mindestgarantien des Art. 6 EMRK in der Lesart des EGMR unterschritten sind. Diese Leitlinie gibt bereits seit Ende der 1970er Jahre Art. 3 2. ZP-EuAlÜbk vor. Die Vertragsstaaten des Europarats konnten damals – anders als der EU-Gesetzgeber im Jahre 2002 – noch nicht auf eine detaillierte Rechtsprechung des EGMR bzw. der EKMR zurückgreifen, weshalb die Norm generalklauselartig formuliert wurde. Der Rb EuHb (Art. 5 Nr. 1 (alt) und Art. 4a (neu)) streben eine Konkretisierung der Tatbestände an, in denen kein Auslieferungsschutz für den seiner Strafverhandlung Fernbleibenden bestehen soll. Mit den Mitteln der normebenenkonformen Auslegung lässt sich der neue Art. 4a RB EuHb auf eine Linie mit Art. 3 2. ZP-EuAlÜbk bringen. Als besonders bedenklich erweist sich der Wortlaut von Art. 4a Abs. 1 lit. d) Rb EuHb, die Norm lässt sich aber durch teleologische Auslegung (noch) „retten“.

Die reine Analyse der Tatbestandsmerkmale hat jedoch einen Umstand ausgeblendet, der in Zukunft eine Erosion des Beschuldigten- bzw. Auslieferungsschutzes herbeiführen kann: Während bisher der ersuchte Staat das Recht – und nach der deutschen Sichtweise regelmäßig die Pflicht – hatte,37 die EMRK-Konformität des Abwesenheitsverfahrens zu beurteilen, macht dies nun der ersuchende Staat, also derjenige, in dem das Abwesenheitsurteil ergangen ist. Dies geschieht durch „Ankreuzen“ einer Box im EHB-Formular, das die vier sog. Ausnahmetatbestände auflistet, bei deren Vorliegen ein Auslieferungsgesuch für zulässig erklärt werden muss. Ungeachtet des Beigeschmacks, dass hier jemand „in eigener Sache tätig“ wird und der dadurch generell bestehenden Gefahr, dass durch „gezielte Falschinformationen“ die Verkehrsfähigkeit einer Abwesenheitsentscheidung EU-weit herbeigeführt werden soll, dürfte in der zukünftigen Praxis dem Betroffenen und dessen Verteidigung eine erhöhte Darlegungs- und Beweislast auferlegt sein. Denn durch das Formular wird ein Vermutungstatbestand geschaffen, der gegenüber dem ersuchten, über die Rechtshilfe entscheidenden Gericht erst erschüttert werden muss. Auch wenn formal der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, dürfte es künftig für den Betroffenen ungleich schwieriger sein, genaue, auf den Einzelfall bezogene Anhaltspunkte vorzubringen, die die Annahme eines Ausnahmetatbestandes widerlegen. Besonders bedenklich ist in dem Zusammenhang, dass das Formular zwar ein Freifeld vorsieht, in dem die ausstellende Justizbehörde Informationen eintragen muss, wie die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände erfüllt wurden, wodurch für die den EHB vollstreckende Justizbehörde eine Tatsachengrundlage geschaffen wird.38 Allerdings gilt dieses Feld gerade nicht für den hier die Grenze des Vertretbaren streifenden, problematischen Fall der gerichtlichen Neuverhandlung (Art. 4a Abs. 1 lit. d).39 Zwar mag ein Argument, Art. 4a Rb EuHb (neu) widerspreche generell Art. 6 EMRK, vor dem EGMR in Straßburg erfolglos bleiben, ausgeschlossen ist aber nicht, dass Straßburg künftig im Einzelfall implizit die missbräuchliche Nutzung des EU-Auslieferungsinstrumentariums rügen muss – dies jedoch Jahre nach Abschluss des Strafverfahrens im Urteilsstaat.


  1. Böhm/Rosenthal, in: Ahlbrecht u.a. (Hrsg.), Internationales Strafrecht in der Praxis, 2008, Rn. 676.

  2. Vgl. die rechtsvergleichenden Erörterungen bei Paul, Das Abwesenheitsverfahren als rechtsstaatliches Problem, 2007 und Bartels, Die Auslieferung zur Vollstreckung eines Abwesenheitsurteils in Europa, 2014.

  3. EuGH, Urt. v. 26.2.2013, Rs. C.-399/11, Stefano Melloni, Rn. 20f.

  4. Council of Europe, Extradition – European standards, 2006, S. 87; Heger/Wolter, in: Ambos/König/Rackow (Hrsg.), Rechtshilferecht in Strafsachen, 2015, Kap. 2, Rn. 1082.

  5. Offizieller Titel: Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist, ABl L 81 v. 26.03.2009, S. 24.

  6. St. Rspr., siehe nur EGMR, 28.8.1991, F.C.B. v. Italy, EuGRZ 1992, 539 (540).

  7. Zusammenfassend Murschetz, Auslieferung und Europäischer Haftbefehl, 2007, S. 201f. m.w.N.

  8. Siehe auch GA Bot, Schlussanträge v. 2.10.2012, Rs. C-399/11 (Melloni), Rn. 56 ff.

  9. BRAK-Stellungnahme Nr. 06/2008; DAV-Stellungnahme Nr. 14/2008; Kirsch, StraFo 2008, 449 (457); Heintschel-Heinegg, in: Sieber u.a. (Hrsg.), Europäisches Strafrecht, 2. Aufl., § 37, Rn. 55.

  10. Bartels, Fn. 2; Klitsch, ZIS 2009, 1 (19); Murschetz, JBl. 2009, 29 (33).

  11. BT-Drucks. 18/3562 v. 17.12.2014.

  12. Böse, in: Grützner/Pötz/Kreß (Hrsg.), Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl., vor § 78 IRG, Rn. 24; allgemein dazu Kraus, in: Dörr/Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2. Aufl., Kap. 3, Rn. 53f.

  13. Siehe dazu insbesondere Leible/Domröse, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Aufl., § 8, Rn. 4ff., 35ff; Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd. II Europarecht, 2007, Rn. 82ff., 545ff.; Kutscher, Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht eines Richters, in: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Begegnung von Justiz und Hochschule am 27. und 28. September 1976, 1976, I-3ff.

  14. EuGH, Urt. v. 9.3.2006, Rs. C-499/04 Werhof, Slg. 2006, I-2397, Rn. 32.

  15. EuGH, Urt. v. 26.6.2007, Rs. C-305/05 Ordre des barreaux francophones et germanophone u.a., Slg. 2007, I-5305, Rn. 28f.

  16. Bartels, Fn. 2, S. 196ff.

  17. BT-Drucks. 18/3562, S. 79; Meyer, in: Karpenstein/Mayer (Hrsg.), EMRK, Art. 6, Rn. 176.

  18. EGMR, 12.2.1985, Colozza, Nr. 9024/80, Rn. 28.

  19. BT-Drucks. 18/3562, S. 79; Esser, in: Löwe-Rosenberg, 26. Aufl., Bd. 11, Art. 6 EMRK, Rn. 672 m.w.N.; a.A. Paul, Fn. 2, S. 278.

  20. Meyer, Fn. 17, Rn. 108; Paul, Fn. 2, S. 276.

  21. EGMR, 12.10.1992, T. v. Italy, EuGRZ 1992, 541); Esser, Fn. 19, Rn. 666.

  22. Esser, a.a.O., Rn. 669 m.w.N.

  23. EGMR (GK), 1.3.2006, Sejdovic, Nr. Nr. 56581/00, Rn. 90; siehe auch EGMR, 22.12.2009, Makarenko, Nr. 5962/03, Rn. 135: „A waiver of the right, once invoked, must not only be voluntary, but must also constitute a knowing and informed relinquishment of the right.”

  24. EGMR, 25.3.1999, Pélissier and Sassi, Nr. 25444/94, Rn. 51; EGMR, Urt. v. 19.12.2006, Mattei, Nr. 34032/02, Rn. 34f.

  25. EGMR, 14.6.2001, Medenica, Nr. 20491/92, Rn. 57. Siehe auch OLG Köln StraFo 2015, 27 sowie Esser, Fn. 19, Rn. 696.

  26. EGMR, 19.12.1989, Brozicek, Nr. 10964/84, Rn. 38ff.

  27. European Parliament legislative resolution of 2 September 2008, T6-0381/2008, Amendment 13.

  28. Paul, Fn. 2, S. 278.

  29. EGMR, 23.11.1993, Poitrimol, Nr. 14032/88, Rn. 35; EGMR, 21.1.1999, Van Geyseghem, Nr. 26103/95 Rn. 34f; EGMR, 22.9.1994, Lala, Nr. 14861/89, Rn. 34.

  30. Siehe auch Böse, Human Rights Violations and Mutual Trust: Recent Case Law on the European Arrest Warrant, in: Ruggeri (Hrsg.), Human rights in European criminal law, 2015, 135 (140).

  31. Kritisch BRAK-Stellungnahme Nr. 06/2008, S. 5; Bartels, Fn. 2, S. 205.

  32. EGMR (GK), 1.3.2006, Sejdovic, Nr. Nr. 56581/00, Rn. 86f.

  33. Siehe BGHSt 47, 120 und die dort wiedergegebene OLG-Rechtsprechung.

  34. EGMR (GK), 1.3.2006, Sejdovic, Nr. Nr. 56581/00, Rn. 83, 103f.

  35. Kritisch BRAK-Stellungnahme Nr. 06/2008, S. 7; DAV-Stellungnahme Nr. 14/2008, S. 4; Bartels, Fn. 2, S. 205.

  36. EGMR, Urt. v. 10.06.1996, Thomann, Nr. 17602/91, Rn. 35f.

  37. KG NJW 2008, 673 (675); OLG Hamm NStZ-RR 2001, 62.

  38. Art. 2 Nr. 3 Rb AbwE i.V.m. lit. d) Nr. 4 EHB-Formular (neu).

  39. Dies übersieht m.E. Böse, N.C.J. Int'L & Com Reg. 37 (2011), 489 (507f.). Zu recht kritisch Bartels, Fn. 2, S. 207f.

Author

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Thomas Wahl

Institution:
Max Planck Institute for the Study of Crime, Security and Law (MPI CSL)

Department:
Public Law Department

Position:
Senior Researcher